Schuldunfähigkeit und Gefährlichkeitsprognose - psychiatrische Unterbringung aufgehoben
BGH hebt Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen unzureichender tatsächlicher und rechtlicher Grundlage in der Urteilsbegründung auf
Das Landgericht hat aufgrund zweier Antragsschriften sowie zweier zunächst beim Amtsgericht eingereichter und eröffneter Anklageschriften verhandelt, den Beschuldigten bzw. Angeklagten (im Folgenden Beschuldigten) freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen wendet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Beschuldigten. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen litt der Beschuldigte unter einer paranoid-halluzinatorischen Psychose des schizophrenen Formenkreises, die sich immer wieder durch Wahnvorstellungen, akustische Halluzinationen sowie Bedrohungs- und Verfolgungsideen äußerte. Bei allen näher festgestellten 13 Taten, die im Zeitraum vom 1. Juni 2015 bis zum
7. Dezember 2017 lagen, war die Fähigkeit des Beschuldigten zur Steuerung seiner Handlungen infolge der bei ihm zu den jeweiligen Zeitpunkten vorliegenden Wahndynamik sowie der auf ihn unmittelbaren Einfluss nehmenden akustischen Halluzinationen mit hoher Erlebnisintensität aufgehoben.
Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Daneben muss eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades bestehen, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen; die zu erwartenden Taten müssen schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen. Die erforderliche Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstat(en) zu entwickeln. Neben der sorgfältigen Prüfung dieser Anordnungsvoraussetzungen ist das Tatgericht auch verpflichtet, die wesentlichen Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (BGH, Beschluss vom 10. November 2015 - 3 StR 407/15, NStZ 2016, 144 f. mwN).
Da das Gericht die innere Tatseite der gegenständlichen Taten nicht hinreichend dargelegt und gewürdigt hat, war eine Überprüfung des Revisionsgerichts, welche Straftatbestände für die Prognose des zukünftigen Verhaltsens im Hinblick auf ein psychiatrische Unterbringung zugrunde gelegt wurden nicht möglich. Zudem hat des Landgericht im Rahmen ihrer Beweiswürdigung nicht hinreichend belegt, dass der Angeklagte bei den Taten jeweils unter unmittelbaren Einfluss akustischer Halluzinationen mit hoher Erlebnisintensität stand.
Daher war das Urteil aufzuheben, nunmehr wird es zur erneuten Verhandlung zurück an eine andere Kammer des Landgerichts verwiesen.