Corona-Straftaten

Zwischen Supermarkt und Büro   -   Wann mache ich mich strafbar in der Corona-Krise?
24.03.2020

Die Corona-Pandemie zwingt alle zu nie da gewesenen Herausforderungen. In diesen Zeiten der vielfältigen Beschränkungen zur Eindämmung der Verbreitung des Covid-19-Virus ergeben sich leider auch neue Fragen der Strafbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger. Die Bundeskanzlerin hat am 22.03.2020 in Abstimmung mit den Minister/innen aller Bundesländer weitreichende nunmehr auch rechtsverbindliche Handlungsverbote erteilt. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) ermächtigt die Länder Rechtsverordnungen zum Schutze der Allgemeinheit zu erlassen und Sanktionen gegen Zuwiderhandlungen anzudrohen (§§ 28 Abs. 1, 74, 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG). Wer sich also nicht an die angeordneten Verhaltensregeln hält, kann bestraft werden.

Derzeit sind Staats- und Verwaltungsrechtler sich noch uneinig, inwiefern § 28 IfSG überhaupt eine Ausgangssperre zur Eindämmung der Sars-CoV-2-Erregers ermöglicht. Eine zukünftige tatsächliche Verurteilung vor Gericht stünde ohnehin noch unter dem Vorbehalt der Rechtmäßigkeit der angeordneten Beschränkungen. So wird sich die Frage stellen, welcher strafrechtliche Rechtmäßigkeitsmaßstab für den in Rede stehenden Bürger zu der konkreten Zeit gelten durfte bzw. ob etwa ein sogenannter Verbotsirrtum aus Sicht des Verfolgten in Betracht kommt. 

Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ist sogar möglich, wenn man nicht weiß, ob man selber bereits infiziert ist oder aber fälschlicherweise davon ausgeht, dass man infiziert ist. Der Paragraph 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG eröffnet hierbei einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe. Wer nachweislich den Erreger verbreitet hat unter Verletzung der in § 73 IfSG aufgelisteten Pflichten kann sogar mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft werden.

Derjenige, der etwa entgegen der Abstandsregeln jemanden annießt oder anhustet, kann grundsätzlich wegen des Verdachts einer zumindest billigend in Kauf genommenen oder fahrlässig begangenen gefährlichen Körperverletzung verfolgt werden. Hierbei unterscheidet sich die derzeitige Epidemie von den üblichen Grippewellen: Eine Ansteckung durch Nießen, Husten oder sonstige Kontaktaufnahme mit Mitmenschen beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln gilt grundsätzlich als allgemeines Lebensrisiko und damit nicht als strafbares Verhalten. Ein Anstecken mit dem Corona-Virus hingegen gilt als Körperverletzung mit einem gesundheitsschädlichen Stoff, also um eine gefährliche Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB). Auch wenn die betroffene Person sich infiziert, aber keine körperlichen Symptome zeigt, handelt es sich um eine gefährliche Körperverletzung in der Variante der Gesundheitsschädigung. Führt die Infizierung im Einzelfall sogar zum Tod stehen Körperverletzung mit Todesfolge sowie Totschlag bis hin zu Mord im Raum. 

Angesichts der derzeitigen Informationslage kann niemand ohne entsprechende medizinische Verifizierung sicher sein, den Virus nicht in sich zu tragen, sodass jedenfalls eine fahrlässige Begehungsweise stets zu prüfen sein wird. Wer sogar eine sogenannte Corona-Party besucht hat, kann erst recht nicht auf Ahnungslosigkeit plädieren. Eine Strafbarkeit allein wegen des Besuches einer solchen Party scheidet hingegen wohl aus, da davon auszugehen sein wird, dass alle Partygäste in eine entsprechende mögliche gegenseitige Körperverletzung in Form einer Infizierung eingewilligt haben. Dies ist möglich, sofern diese Einwilligung nicht gegen die „guten Sitten“ verstößt (§ 228 StGB). 

Abgesehen von einer strafrechtlichen Verfolgbarkeit und Möglichkeiten sich dagegen zur Wehr zu setzen, sollte es jedoch selbstverständlich für alle Bürgerinnen und Bürger oberstes Gebot sein, die Anordnungen im Sinne der Vermeidung von Erkrankungen bis hin zu Todesfällen Folge zu leisten. Die Anordnung von Strafen bis hin zu Freiheitsstrafen als stärkste Waffe des Staates sollte besonders in diesen solidarischen Krisenzeiten die allerletzte Option sein. 

Quellen:
https://www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/wichtig-neue-regeln-zum-corona-virus-1733310
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